Maurer- und Stahlbetonmeisterin Anke Tichlers und ihre Schwester, Bauingenieurin Daniela, leiten in dritter Generation den Meister- und Ingenieursbetrieb Bernd Tichlers in Krefeld. Nicht nur als Frauen im Bauwesen stechen sie wie bunte Vögel in der Männerdomäne hervor, sondern auch als großer Ausbildungsbetrieb leisten sie als familiengeführtes Unternehmen mit 35 Mitarbeitern Außergewöhnliches. Im Gespräch mit dem CREVELT Magazin zeigen die zwei so unterschiedlichen Frauen, wie eng ihre beiden Steckenpferde, die Lobbyarbeit und die Ausbildungsförderung, miteinander zusammenhängen.
„Es herrscht immer noch das Vorurteil vor, dass Bauunternehmen nur dann zum Einsatz kommen, wenn es um Hochhäuser oder schwierige Projekte geht. Dass wir aber auch bei Kleinstarbeiten ansprechbar sind, ist fast unbekannt. Das möchten wir ändern“, sagt Anke Tichlers mit ruhiger Stimme. „Um unsere Branche zu verstehen, müssen Sie sich verbildlichen, welche Leistungen innerhalb einer Bauunternehmung abgedeckt werden“, beschreibt sie. „Allein beim Errichten eines Anbaus benötigen wir zum Beispiel rund zehn unterschiedliche Gewerke.“
Wird ein Anbau gebaut, braucht es zuerst die Beton- und Stahlbetonbauer (1+2) sowie den Maurer (3), um das Fundament zu gießen und die Räume erst einmal zu erschaffen. Anschließend sorgen die Stuckateure (4) für die fachgerechte Verputzung der Wand- und Deckenflächen im Innen- und Außenbereich. Jetzt sind die Trockenbaumonteure (5) gefragt: Mit Gipskarton verkleiden sie Dachschrägen und strukturieren das Gebäude. Sie ziehen zum Beispiel die Schlafzimmer- oder Kinderzimmerwand ein. Fast gleichzeitig werden sie von den Bauwerksabdichtern (6) unterstützt, die in den Räumen für dauerhaft trockene Füße sorgen. Anschließend machen sich die Bauwerksmechaniker (7) ans Werk. Sind sie in schon vorhandenen Häusern vor allem für den Rückbau zuständig, unterstützen sie im Neubau das Schaffen von Abluftmöglichkeiten, zum Beispiel in der Küche. Ist die grundsätzliche Innenstruktur erschaffen, kommen die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger (8) zum Einsatz. Die Fachleute für Bürokommunikation (9) sind während des gesamten Prozesses beteiligt, sie nehmen Gespräche an und leiten Informationen an die Bauleiter weiter, prüfen den Posteingang und sind für die Bestellungen der Berufskleidung verantwortlich. Auch die Kaufleute für Büromanagement (10) wirken mit: Wären sie nicht da, gäbe es keine Materialien auf den Baustellen, denn sie wickeln Bezahlungen und Buchungen ab.
„In jedem einzelnen dieser Bereiche bilden wir aus“, erklärt Anke Tichlers. „Deswegen können wir jede handwerkliche Leistung bei uns nicht nur im Paket anbieten, sondern auch einzeln.“ Konkret bedeutet das: Hat ein Kunde nicht gleich ein ganzes Gebäude zu bauen, sondern möchte nur ein Loch in der Wand fachgerecht geschlossen, verputzt und verfliest haben, ist er ebenfalls richtig bei den Schwestern Tichlers. Mit eigener Flotte und selbst ausgebildeten Mitarbeitern kann das Bauunternehmen Kapazität, Ansprechbarkeit und Qualität gewährleisten. „Unser großes Engagement im Ausbildungsbereich sorgt dafür, dass wir auch in Zeiten des Fachkräftemangels gut aufgestellt sind“, erklärt die Fachfrau. „Auch eine gesunde Unternehmenskultur führt dazu, dass unsere Mitarbeiter uns lange erhalten bleiben. Für gute Mitarbeiter muss man investieren.“
Und das beginnt im Hause Tichlers eben schon bei der Ausbildung. Ein Jahr lang können die Lehrlinge im familiengeführten Unternehmen in alle Werke reinschnuppern. Entscheiden sie sich am Ende des ersten Ausbildungsjahres dafür, dass sie statt zum Beispiel der Ausbildung zum Betonsanierer lieber eine Ausbildung zum Maurer absolvieren möchten, ist eine Umorientierung innerhalb des Unternehmens problemlos möglich. „Eine Ausbildung ist häufig eine Lebensentscheidung. Hier sollte alles passen“, erläutert Daniela Tichlers. Im Betrieb bekommen die Azubis anschließend einen festen Ansprechpartner. „Die Chemie muss stimmen“, sagt Anke Tichlers, als Meisterin spricht sie aus Erfahrung. „Denn von niemandem nimmt ein zukünftiger Handwerker lieber Tipps und Ratschläge an, als von einem Lehrmeister, den er wertschätzt und achtet.“
In den zwei verbleibenden Jahren der Ausbildung heißt es nun, den jungen Leuten Fachwissen zu vermitteln, ihnen Lust auf die Arbeit im Handwerk zu machen, aber auch, sie auf die Prüfungen vorzubereiten. Daniela Tichlers ist dabei die Schnittstelle zwischen Berufsschule und Betrieb. Monatlich prüft sie die Ausbildungshefte der Schüler und spricht regelmäßig mit den Klassenlehrern. „Wenn wir Azubis einstellen, sind für uns Zeugnisse nicht wichtig, sondern die Persönlichkeit zählt“, beschriebt die 47-Jährige. „In der Berufsschule sollten dann aber auch die Noten stimmen und vor allem der Abschluss geschafft werden. Das Erfolgserlebnis ist für den jungen Handwerker prägend.“ Und dabei unterstützen die Tichlers ihre Azubis so gut es geht. Aktuell kämpft zum Beispiel einer der Maurer-Azubis mit der Eckausbildung. Fünf Wochen vor der Prüfung haben die Schwestern ihm nun einen ruhigen Platz in einer Halle zur Verfügung gestellt und ihn von allen Pflichten entbunden, damit er für den Abschluss praktisch üben kann. „Das ist eine Geste, die niemand mehr vergisst“, schließt Anke Tichlers. „Am Ende schaffen wir so, dass die Männer und Frauen gern, zuverlässig und gut für uns arbeiten – und auch bleiben möchten.“
Bauunternehmung Bernd Tichlers ist aktuell noch auf der Suche nach Auszubildenden für das kommende Schuljahr – Bewerbungen auch von Frauen ausdrücklich erwünscht!
Weitere Infos unter:
www.tichlers.de oder
telefonisch unter 51 29 99 0